Rechenleistung (engl. Computing Power) bezeichnet die Fähigkeit von Rechensystemen, komplexe Rechenoperationen effizient, skalierbar und aufgabenspezifisch auszuführen. Sie wird heute nicht mehr allein über klassische Maßeinheiten wie „Operations per Second“ (OPS) oder „Floating Point Operations per Second“ (FLOPS) definiert, sondern umfasst auch Energieeffizienz, Wirtschaftlichkeit, Echtzeitfähigkeit und Spezialisierung – etwa das spezielle Berechnen von Algorithmen für maschinelles Lernen, für Simulationen oder das Analysieren großer Datenmengen.
Anwendungen wie bereits erwähntes maschinelles Lernen oder automatisierte Entscheidungsunterstützung lassen sich wirtschaftlich nur umsetzen, wenn ausreichend leistungsfähige und kostengünstige Systeme verfügbar sind. Rechenleistung war bis in die 80er-Jahre des letzten Jahrtausends zentralisiert. Mit Einzug des Personal Computers in den 1980er-Jahren hat sich eine Dezentralisierung eingestellt. Cloud Computing war ein Technologietrend, der sich im Jahre 2005 entwickelte und eine gewissen Re-Zentralisierung einführte. Dies wird aktuell in Teilen von einem dezentraleren Edge Computing abgelöst. Hier werden etwa in der Produktion energieeffiziente Edge-Systeme genutzt, um KI-Modelle direkt an Maschinen auszuführen. Im Onlinehandel analysieren spezialisierte Chips Millionen Transaktionen gleichzeitig, um personalisierte Empfehlungen in Echtzeit zu generieren.
Lange Zeit orientierte sich die Leistungsentwicklung am Mooreschen Gesetz [7], das ein stetiges Wachstum durch Miniaturisierung versprach. Dieses Prinzip stößt heute jedoch an physikalische und ökonomische Grenzen.
Rechenleistung ist deshalb heute mehrdimensional und strategisch zu verstehen: als Grundlage für Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz, autonome Systeme, digitale Zwillinge, Cybersicherheit – und als Bestandteil digitaler Souveränität auf nationaler Ebene [8].
Der Trend: Unbegrenzte Rechenleistung
Die Entwicklung der Rechenleistung gehört zu den fundamentalen Triebkräften technologischen Fortschritts. Über Jahrzehnte wurde sie durch das sogenannte Mooresche Gesetz geprägt. Es besagt, dass sich die Anzahl der Transistoren auf integrierten Schaltkreisen etwa alle 18 bis 24 Monate verdoppelt – mit dem Effekt, dass Rechenkapazität bei gleichzeitig sinkenden Kosten exponentiell zunimmt. [9, 7] Jedoch stößt dieses Miniaturisierungsparadigma an physikalische wie wirtschaftliche Grenzen, unter anderem durch Strukturgrößen unterhalb von zwei Nanometern, der komprimierten Wärmeentwicklung, die nicht effektiv abgeführt werden kann, und Fertigungskomplexität.
Rückblickend lassen sich drei technologische Epochen unterscheiden: Die Pionierzeit (1939–1960) brachte erste Rechner wie Z3 oder Colossus hervor, aber ohne breite Anwendung. In der Moore-Ära (1965–2010) wurde Rechenleistung durch Miniaturisierung zum Massenprodukt und zur Basis der digitalen Wirtschaft. Seit 2010 prägt die Post-Moore-Ära spezialisierte Architekturen (GPU, TPU, ASIC, FPGA) sowie einen wachsender Fokus auf Energieeffizienz und Echtzeitfähigkeit.
Ab 2025 setzt ein Paradigmenwechsel ein: Während klassische Halbleitertechnologien an Grenzen stoßen, gewinnt Post-Quantum-Computing an strategischer Bedeutung [10], Hybrid-Computing verankert Nachhaltigkeit im Chipdesign [11] und Agentic AI erfordert neben hohen Anforderungen an Datenverfügbarkeit insbesondere adaptive Hardware [4, 12].
Der Blick nach vorn zeigt drei Zeithorizonte: kurzfristig sind Cloud-basierte GPUs, spezialisierte ASICs, Edge-AI-Plattformen mit Anwendungen wie Realtime-Analyse, Bildverarbeitung, KI-Modelle vor Ort entscheidend. Mittelfristig (bis 2030) folgen adaptive FPGAs, 3D-Chiplet-Technologien, hybride Rechnerarchitekturen mit Anwendungen wie IoT, intelligente Fertigung sowie ESG-orientierte Plattformen. Erst langfristig (ab 2030) sollten Quanten- und neuromorphe Systeme Optimierungen, Simulationen und autonome Entscheidungen revolutionieren.
Die Ära der bloßen Rechenleistungsvergrößerung durch Miniaturisierung ist vorüber. Entscheidend wird künftig sein, die richtige Architektur für die jeweilige Anwendung zu wählen – sei es zentral, dezentral, spezialisiert oder hybrid. Rechenleistung entwickelt sich damit von einer technischen Kennzahl zu einer strategischen Plattformentscheidung mit hoher wirtschaftlicher Tragweite.
Erwarteter Business Impact: Sinkende Kosten
Sinkende Kosten digitaler Schlüsselressourcen verändern Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten grundlegend. Wie Abbildung 2 zeigt, sind die Preise für zentrale digitale Infrastrukturelemente, darunter Rechenleistung (CPU, $/MFLOP), Bandbreite ($/MPS) und Speicher ($/MB), seit den 1970er-Jahren exponentiell gefallen – ein Trend, der sich bis mindestens 2030 fortsetzen dürfte [13].
Für Unternehmen bedeutet das: Rechnertechnologien, die früher Großkonzernen vorbehalten waren, sind heute auch für den Mittelstand zugänglich. Hochleistungsrechnen, KI-gestützte Automatisierung oder datenbasierte Services können über Cloud- und Edge-Lösungen flexibel und wirtschaftlich genutzt werden. Besonders KI-Modelle für Qualitätsprüfung, Wartung oder Energieoptimierung lassen sich heute schneller, günstiger und zunehmend dezentral betreiben.
Die Betriebskosten (im Wesentlichen elektrische Energie für Rechnerbetrieb und Kühlung) sind inzwischen entscheidend für eine Standortwahl.
Die Wahl der richtigen Technologieplattform entwickelt sich damit zur strategischen Unternehmensentscheidung. Sie beeinflusst nicht nur die operative Effizienz, sondern auch die Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsposition. Unternehmen, die in flexible und vor allem energieeffiziente Recheninfrastruktur investieren, profitieren durch niedrigere Betriebskosten und können sich somit einen Vorteil bei ihrer Wettbewerbsfähigkeit schaffen.
Zusammengefasst ist Rechenleistung damit kein IT-Thema mehr, sondern ein Produktionsfaktor. Wie Fabriken der Zukunft werden im KI-Zeitalter bzw. Daten-Zeitalter die Rechenzentren sein. Wer sie richtig nutzt, erschließt neue Märkte, senkt Kosten und stärkt seine Innovationskraft – unabhängig von der Unternehmensgröße. Aber: Ohne wettbewerbsfähige Energiekosten investiert Deutschland (wie so oft) in Forschung und die Industrialisierung des Wissens erfolgt im Ausland.
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Quellen:
[4] Future Today Strategy Group, „2025 Tech Trends Report,“ 2025.
[7] G. E. Moore, „Cramming more components onto integrated circuits,“ Electronics, Nr. 38(8)., 1965.
[8] E. Commission, „A Competitiveness Compass for the EU,“ 2025. [Online]. Available: commission.europa.eu/document/download/10017eb1-4722-4333-add2-e0ed18105a34_en. [Zugriff am 15 09 2025].
[9] R. Kurzweil, Die nächste Stufe der Evolution, Piper Verlag, 2024, pp. 335-361.
[10] IBM Research, „The Quantum Decade: Scaling Real-World Impact,“ [Online]. Available: www.ibm.com/downloads/documents/us-en/107a02e97dc8fd16 . [Zugriff am 15 09 2025].
[11] K. Rogdakis, G. Psaltakis und G. Fagas, „Hybrid chips to enable a sustainable internet of things technology: opportunities and challenges,“ Discover Materials, 21 02 2024.
[12] Gartner, Inc., „Die 10 wichtigsten strategischen Technologie-Trends von Gartner für 2025,“ Gartner, Inc., 2024. [Online]. Available: www.gartner.de/de/artikel/top-technologie-trends-2025. [Zugriff am 17 09 2025].
[13] SK Ventures, „Society’s Technical Debt and Software’s Zero Cost Future.,“ 2024. [Online]. Available: skventures.substack.com. [Zugriff am 18 09 2025].