Die Referentinnen Laura Pfeifer und Joana Seidler, Corporate Partnerships Managerinnen bei myclimate, zeigten, warum Klimaschutz zur strategischen Kernaufgabe für die Gesundheitswirtschaft geworden ist – und wie der Weg von der Emissionsbilanz zu messbarer Wirkung führt.
Vom Faktencheck zur Verantwortung im Klinikalltag
Ausgangspunkt war ein klarer Blick auf regionale Entwicklungen: Für Baden-Württemberg werden bis 2040 bis zu drei Grad Erwärmung erwartet, die Zahl der Hitzetage nimmt zu, und Extremwetter wie Starkregenereignisse gewinnen an Intensität. Die Folgen sind im Versorgungsalltag spürbar: Ab 34 Grad steigen Notaufnahmen um 4 bis 7,5 Prozent, während Hitzewellen erhöht sich die Sterblichkeit hospitalisierter Patientinnen und Patienten um etwa fünf Prozent. Zugleich verursacht das Gesundheitswesen selbst 5,2 bis 6,7 Prozent der nationalen Treibhausgasemissionen – mit Konsequenzen von Lieferkettenrisiken bis zu steigenden Versicherungskosten.
Messen, was wirkt: Der Corporate Carbon Footprint
Als erster Schritt empfiehlt myclimate den Corporate Carbon Footprint (CCF). Er erfasst alle relevanten Treibhausgase als CO₂-Äquivalente entlang der Wertschöpfungskette (Scopes 1 bis 3) und basiert auf international anerkannten Standards (z.B. Greenhouse Gas Protocol). Darüber hinaus können gesetzliche Anforderungen integriert werden, etwa durch Berichtspflichten wie der CSRD. So werden Hotspots sichtbar – im Klinikbereich häufig Narkosegase, die bis zu rund 35 Prozent der Gesamtemissionen verursachen können. Ein Praxisbeispiel zeigte, dass die Reduktion von Desfluran, ein Inhalationsanästhetikum, den Anteil der Narkosegase an den Gesamtemissionen binnen eines Jahres von 77 auf 28 Prozent senkte (Quelle, S.8).
Von Quick Wins zur Klimastrategie
Auf die Bilanz folgt die Reduktion: Zunächst werden Quick Wins identifiziert, anschließend Reduktionspfade in einer Dekarbonisierungs-Roadmap definiert. myclimate empfiehlt die Ausrichtung an der Science Based Targets initiative (SBTi), einer internationalen Organisation, die Unternehmen und Finanzinstitutionen dabei unterstützt, klimawissenschaftlich fundierte Ziele zur Reduktion von Treibhausgasemissionen zu entwickeln und umzusetzen. Wirkung entsteht entlang der Wertschöpfungskette, etwa durch nachhaltiges Produktdesign, den Wechsel von Einweg- zu Mehrwegverpackungen, Nudging-Ansätze oder das Recycling von Narkosegasen via Filter. Damit Klimaschutz nicht zur reinen Berichtspflicht verkommt, plädieren die Referentinnen für eine umfassende, jährlich wiederkehrende, und wirkungsorientierte Klimastrategie mit Statusanalyse, Vision, Roll-out und Fortschrittskontrolle.
Berichtspflichten klug nutzen
Anhand einer aktuellen Zusammenarbeit mit einer Unternehmensgruppe aus Krankenhäusern, Pflegeheimen und MVZ machten die beiden Referentinnen deutlich, wie sich Regulatorik praxisnah handhaben lässt. Obwohl die Gruppe voraussichtlich erst ab dem Geschäftsjahr 2027 berichtspflichtig ist, priorisiert sie bereits jetzt schon bestimmte Themenbereiche und bearbeitet diese strategisch – eine Herangehensweise, die Unwägbarkeiten wie Verschiebungen im Zuge der Omnibus-Verordnung begegnet und den Fokus auf Wirkung legt.
Bildung und Dialog als Hebel
myclimate verankert Klimaschutz über Bildung und Beteiligung: vom Workshop in Fachabteilungen bis zu Formaten wie der „Company Challenge“ für Auszubildende. In der Diskussion wurde zudem deutlich, dass myclimate mit KMU ebenso wie mit größeren Strukturen arbeitet und dabei Kooperationen zwischen Kliniken, Industrie und öffentlichem Sektor fördert – getragen von einer klaren Motivation, die Transformation gemeinsam voranzubringen.
Das Fazit des SIG Health Spotlights fiel entsprechend nüchtern und optimistisch zugleich aus: Angesichts der Klimafakten führt an konsequentem Handeln kein Weg vorbei – wer heute wirkungsorientiert steuert, verbindet ökologische Verantwortung mit ökonomischer Zukunftsfähigkeit.
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